Editorial im Dezember 2024

pfr oblinger

Liebe Leser,

 

unsere Welt ändert sich immer schneller. Die Technik entwickelt sich in rasender Geschwindigkeit. Vor allem Roboter und KI („Künstliche Intelligenz“) bestimmen immer mehr unser Leben. Bereits im gewöhnlichen Familienhaushalt finden sich heute oftmals Roboter zum Staubsaugen oder Rasenmähen. Für viele Menschen ist das eine große Arbeitserleichterung. So dürfen wir dankbar sein für die technischen Errungenschaften.

 

In der Industrie sind Roboter schon seit Jahren im Einsatz. Die Automobilproduktion in Deutschland wäre ohne Roboter schon längst nicht mehr wettbewerbsfähig. Immer mehr Tätigkeiten, von denen wir lange Zeit glaubten, dass sie nur von Menschen ausgeführt werden können, werden heute von Maschinen verrichtet.

 

Eng mit der Robotik verbunden ist das Thema „Künstliche Intelligenz“. Diese kann mit Hilfe von Suchmaschinen im Internet in Sekundenschnelle Texte verfassen, indem sie feststellt, welche Worte und Formulierungen zu einem bestimmten Thema am häufigsten gebraucht werden. Auch für die Kirche kann so etwas sehr hilfreich sein. Beispielsweise hat eine Universität in Köln mit Hilfe von KI untersucht, welches Wort bei religiösen Fragen im Internet am häufigsten vorkommt. Es ist das Wort „Ewigkeit“. Das hat Geistliche und Theologen zum Nachdenken gebracht; denn in der heutigen Pastoral werden häufig ganz andere Akzente gesetzt.

 

Wir alle benutzen KI, wenn unser Handy oder das Navi im Auto die menschliche Sprache erkennen und einfache Anweisungen ausführen kann. Von den Vorteilen der modernen Technik profitieren wir alle. Wie sich unser Leben in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, so wird es sich in Zukunft weiter verändern. Und hier setzen die Fragen ein: Was kommt noch alles? Wird die Technik irgendwann ganz den Menschen verdrängen? Und was ist ethisch verantwortbar?

 

In der Kranken- oder Altenpflege kann KI heute schon entscheiden, welche Behandlungsmöglichkeiten am erfolgversprechendsten sind. Roboter können zahlreiche Pflegemaßnahmen selbständig durchführen. Doch gerade der alte oder kranke Mensch benötigt jemanden, der ihm wirklich zuhört und nicht nur so tut „als ob“ und standardisierte Antworten gibt. Der Mensch braucht den Menschen.

 

Die Technik ermöglicht es heute dem Priester, sich von KI eine Predigt schreiben zu lassen. Doch ist das noch ein persönliches Glaubenszeugnis? Gerade das wird doch vom Priester erwartet. Und im seelsorglichen Gespräch erwartet der Gläubige auf seine Fragen zum persönlichen Glaubensleben keine formelhafte Antwort, sondern eine Richtungsweisung von jemandem, der seinen christlichen Glauben lebt. Die Technik und die Maschine sollen dem Menschen eine Hilfe sein. Es darf aber nie so weit kommen, dass der Mensch als fehlerhaft angesehen wird und durch vermeintlich perfektere Roboter und KI ersetzt wird.

 

In diesem Monat nähern wir uns dem Weihnachtsfest. Wir dürfen feiern, dass Gott Mensch geworden ist. Er liebt den Menschen in seiner Fehlerhaftigkeit, Wankelmütigkeit und Emotionalität. Diese Botschaft gilt es, einer drohenden sozialen Kälte entgegenzuhalten. Schauen wir hin auf den menschgewordenen Gott, der will, dass unsere Gesellschaft menschlich bleibt. Er lässt uns erkennen, wie das gelingen kann.

 

Mit den besten Grüßen aus Marienfried,

 

Rektor Georg Alois Oblinger

 

 

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