Glaubenszeugnis April 2024

#Anton Spiess

Ein wahrer Vater und spiritueller Wächter

 

 

Narcyz Putz war 65 Jahre alt, stark abgemagert und krank, aber im Herzen immer noch jung, wie sich Gefährten später erinnerten. Und es schien, als könne der Priester das Konzentrationslager Dachau trotz aller Strapazen überleben. In seinem letzten Brief an seine Schwester, die ihm Lebensmittel geschickt hatte, schrieb der Pfarrer am 29. November 1942: „Gott belohne dich. Es war ein göttliches Vergnügen.“ Doch das irdische Schicksal des Mannes, der am 28. Oktober 1877 in der damals zu Preußen gehörenden, heute polnischen Kleinstadt Sierakow geboren wurde, sollte sich sehr bald erfüllen.

 

Nach dem Abitur hatte Putz im Seminar von Gniezno Theologie studiert und war dort 1901 zum Priester geweiht worden. Nach einer Tätigkeit als Verwalter verschiedener anderer Gemeinden wurde ihm dieses Amt in Bydgoszcz zugewiesen. Dort und in Poznan, wohin er 1937 versetzt wurde, beteiligte sich Narcyz Putz am politischen und gesellschaftlichen Leben. Beim deutschen Überfall auf Polen im September 1939 befand er sich in Warschau, wurde am 4. Oktober zum ersten Mal verhaftet, nach zwei Wochen zwar wieder entlassen, kam aber bereits am 9. November wieder in Haft. Trotz aller Schikanen und Folter blieb er geduldig und unterstützte seine Mitgefangenen, wie Überlebende berichteten.

 

Mit dem ersten Transport politischer Gefangener kam der Priester am 24. April 1940 nach Dachau, wurde aber am 6. Juni ins KZ Gusen in Ober-Österreich verlegt, wo er im Steinbruch und beim Ausbau des Lagers Schwerstarbeit leisten musste. Trotz seiner chronischen Herzkrankheit und obwohl er nur noch eine Niere hatte, überlebte Putz lange. Er organisierte heimlich Gebete und Gottesdienste und richtete seine Mitgefangenen geistig auf. Auch Hunger und Kälte brachen seinen Geist nicht. Er wurde nach den Worten eines Mithäftlings ein wahrer Vater und spiritueller Wächter anderer.

 

Am 8. Dezember kam Narcyz Putz wieder nach Dachau. Dort musste er zuerst in der Plantage und dann in der Herstellung von Strumpfwaren arbeiten. In den Briefen aus der Anfangszeit stand noch viel Hoffnungsvolles. Am 27. Dezember 1940 schrieb er: „Der Heiligabend war ein wenig traurig, aber Gott wird helfen.“ Die unmenschlichen Haftbe­dingungen verschlimmerten den Zustand des Gefangenen jedoch. Narcyz Putz wurde immer mehr zu einem Beispiel dafür, wie man sein Leiden mit dem Kreuz vereinen kann.

 

Im November 1942 belastete eine Lungenentzündung seinen geschwächten Organismus zusätzlich. Sie wurde nach seinem Tod am 5. Dezember auch als offizielle Ursache angegeben. Mitgefangene berichteten aber, dass der Schwerkranke in Wahrheit mit einer Benzininjektion getötet wurde. Sein Leichnam wurde im Lagerkrematorium verbrannt. Papst Johannes Paul II. sprach Narcyz Putz und weitere 107 polnische Märtyrer des Zweiten Weltkriegs 1999 selig.

 

 

Klemens Hogen-Ostlender

 

zurück zu aktuell zurück